Info-Abend – WgiR in Osterhagen
Bei der Bevölkerung gibt es in Bezug auf die aktuelle Kommunalpolitik ein riesiges Informationsdefizit. Dieses wurde besonders beim jüngsten Info-Abend der „Wählergruppe im Rat (WgiR)“ deutlich, denn für die über 70 Besucher mussten noch zu den vorhandenen Sitzplätze der „St. Martins-Kirche Osterhagen“ weitere Stühle hinzu gestellt werden.
Nach einer herzlichen Begrüßung durch die Vorsitzende der WgiR Julia Wiegand leitete sie sogleich zu den angekündigten Sachthemen über.
Keinesfalls, so der Fraktionsvorsitzende Volker Hahn, ist die WgiR „immer gegen alles“. Häufig aber werde versucht, diesen Eindruck in der Öffentlichkeit entstehen zu lassen. Doch vielmehr versuche seine Fraktion, stets den geplanten Beschlüssen auch eine öffentliche Debatte vorausgehen zu lassen, um so eine größtmögliche Transparenz und Teilhabemöglichkeit für die Einwohner zu erreichen. Gerade der geplante Verkauf von städtischen Grundstücken beim Rathaus, in deren Zusammenhang nicht vom Bürgermeister und der Verwaltung im geforderten und beantragten Maße informiert wurde, bestätige die Notwendigkeit. Zu Recht habe eine Welle der Empörung eingesetzt und Gott sei Dank auch eine Reaktion ausgelöst. Ohne diese Empörung hätte es wohl keine Vertagung gegeben und die Vorgaben aus dem Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz, der Hauptsatzung der Stadt und dem Baugesetzbuch wären schlichtweg ausgeblendet geblieben und nicht konsequent im Sinne der Bürger angewandt worden.
Nach der Vorstellung eines Investors im Bauausschuss, der ein Einkaufsgebäude für EDEKA auf den städtischen Grundstücken errichten möchte, sollte direkt doch in einer nichtöffentlichen Sitzung des Rates sofort und noch vor der öffentlichen Ratssitzung der Verkauf beschlossen werden. Die Frage, ob der Bau eines riesigen Edeka-Marktes auf dem „Sahnegrundstück“ im Mittelpunkt der Stadt überhaupt sinnvoll ist, die sollte weder durch ein Gutachten bestätigt, noch vom Rat öffentlich beraten werden. Auch die Tatsache, dass es noch andere Investoren mit Planungen für Wohn- und Geschäftshäuser gibt, darüber wollte der Bürgermeister scheinbar gar nicht informieren. Eine derartige Bevormundung verurteilt die WgiR entschieden und hatte deshalb auch sofort beantragt, den Beschlussantrag der Verwaltung in der nichtöffentlichen Sitzung nicht zu behandeln. Das sich plötzlich noch ein weiterer Investor gemeldet haben soll, ist sehr erfreulich, doch darf es nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass wieder einmal hinter verschlossenen Türen Absprachen gelaufen sind und deren Ziel vermutlich ohne Wenn und Aber auch beschlossen worden wäre.
Das öffentliche Parkplätze für Besucher des Kurhauses, des Kurparks oder des dann evtl. neuen Rathauses, für die bislang immerhin über 20.000 € pro Jahr an Parkeinnahmen eingenommen wurden, verschwinden, auch darüber wollte die Verwaltung im Finanzausschuss gar nicht mehr reden. Mithin, so Volker Hahn abschließend zu diesem Thema: „Ein Supermarkt passt an dieser Stelle nicht ins Stadtbild. Die Wählergruppe möchte, dass auch den anderen Kaufinteressenten die Gelegenheit ermöglicht wird, ihre Pläne und Konzepte öffentlich vorzustellen bzw. vorstellen zu lassen.“ Nicht unbegründet ist die Sorge, so Frank Bode, dass der Edeka-Markt in Barbis nach Umsatzrückgängen durch Konkurrenz aus eigenen Hause geschlossen wird. Bereits 2017 hat dies die Edeka-Zentrale auf Nachfrage mitgeteilt und deshalb den Pachtvertrag des Marktes nur bis zum Jahr 2022 verlängert.
Beim Thema Erhöhung der Realsteuersätze zeigte sich Volker Hahn mehr als erstaunt darüber, wie schnell Steuererhöhungen in Bad Lauterberg „durchgewunken“ und beschlossen werden. Anfang 2013 lag die Punktzahl bei der Grundsteuer noch bei 344. Nach so kurzer (Amts-) Zeit wurde jetzt beschlossen, sie schon wieder von derzeit 410 ab 2020 auf 430 und für das Jahr 2021 auf 450 Punkte zu erhöhen.
WgiR stimmte geschlossen gegen Steuererhöhungen
„Das wollten wir so einfach und schon gar nicht ungeprüft mitmachen und haben dagegen gestimmt“, so Hahn. Die Fraktion befand, dass die Begründungen der Verwaltung zur den Erhöhungen nicht allein nachvollziehbar seien. Beim Bereich Kindertagesstätten handele es sich um eine Pflichtaufgabe, welche so von Bund und Land beschlossen wurde und durch die Kommunen zu erfüllen sei.“, so Hahn. Aber diese Pflichtaufgabe belaste unseren Zukunftsvertrag nicht. Und da man noch nicht weiß, in welcher Höhe wir Fördermittel erhalten und bereits rund eine Million € für Feuerwehrhäuser im Haushalt 2019 eingestellt sind, wollten wir zuerst einmal mindesten den Haushaltsentwurf für 2020 sehen. Dies sahen die anderen Fraktionen leider anders.
Umso näher liegt da die Vermutung, dass da noch andere Gründe eine entscheidende Rolle spielen könnten. Die WgiR vermutet, dass man bereits jetzt auch eine erste Anpassung zu den Steuersätzen von Walkenried und Bad Sachsa vornehmen wollte, damit man sich schon einmal deren 500 Pkt. nähert.
Den besten Weg für die Bürger von Bad Lauterberg finden
Übergangslos stieg Volker Hahn dann in das Thema Fusion ein. In übersichtlichen Schaubildern erklärte er den Anwesenden ihre Fragen, die deckungsgleich mit denen der Wählergruppe waren. Da sei in erster Linie die gemeinsame Schuldenlast der drei Kommunen zu nennen, die sich zusammen auf rd. 42 Millionen Euro belaufen würde. Darauf hatte die WgiR schon im März hingewiesen und ist dafür der „Schwarzmalerei“ bezichtigt worden. Auch dass der Kreistag kürzlich eine Fusionsunterstützung von 40 Euro pro Einwohner für die Bildung von Einheitsgemeinden mit mehr als 20.000 Einwohner über einen Zeitraum von fünf Jahren beschlossen hat, lässt die Schulden nicht verschwinden. Im Gegenteil – so verzichtet der Landkreis doch letztlich nur für kurze Zeit auf die Mehreinnahmen bei der Kreisumlage aus den dann ggf. höher ausfallenden Schlüsselzuweisungen. Der Presse war auf der Seite von Bad Sachsa zu entnehmen, dass das Land Niedersachsen max. 8,5 Mio. als (Projekt-) Förderung in Aussicht gestellt hätte. Ok, doch auch dann klafft immer noch eine gewaltige Lücke auf, die irgendjemand bezahlen muss.
Auch der angeblich so günstige Zeitpunkt für eine Fusion aufgrund der Bürgermeisterwahlen wurde kritisch beleuchtet und die derzeitigen Gehaltsstufen von Bürgermeistern und Stellvertretern verglichen. Ein großer Vorteil war da nicht zu erkennen.
Weiterhin wurden anhand eines Schaubildes die „Möglichkeiten für eine Fusion“, also Beitritt, Samtgemeinde und Einheitsgemeinde angesprochen. Über einen Beitritt wurde aber nie geredet. Eine Samtgemeinde lehnen der Landkreis und die Kommune Walkenried ab. Die Bildung einer Einheitsgemeinde wird ausschließlich angestrebt und von Land und Landkreis unterstützt. Diese sei aus deren Sicht auch verständlich, kommentierte Volker Hahn dieses Verhalten. Jeder schaut halt, was für ihn der beste Weg sei. Doch die WgiR möchte den besten Weg für die Bürger der Stadt Bad Lauterberg finden und mit den anderen fair und ehrlich umgehen. Geld spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle, deshalb fordert die WgiR mind. eine Entschuldung in Höhe der Schuldenlast von Bad Sachsa. Und die WgiR hält den Weg über eine interkommunale Zusammenarbeit innerhalb der nächsten fünf Jahre für richtig, um eine Zusammenarbeit auf den wichtigen Feldern, wie z.B. Tourismus, Schwimmbäder, Abwasser zu entwickeln. So kann Vertrauen wachsen, eine Gemeinschaft entstehen und gemeinsame Zukunftsperspektiven entwickelt werden. Doch so wie derzeit an den Bürgern vorbei an einer Fusion „gebastelt“ wird, erzeuge man eher Misstrauen und lasse die berechtigten Fragen: „Wer bezahlt die enormen Schuldenlasten und wo liegen auch Vorteile für Bad Lauterberg?“, unbeantwortet. Auch deshalb fordert die WgiR vor einer Fusion eine verbindliche Einwohnerbefragung und wird sich auch dafür entschlossen einsetzen.
Seit vielen, vielen Jahren, so erläuterte Achim Sommerfeld, tagte auf Initiative der WgiR der Forstausschuss. Dort habe die Betreuungsförsterin Claudia Quandt ausführlich und notwendiger Weise schonungslos über die eingetretenen massiven Baumschäden durch Käferbefall und Trockenheit informiert. Derzeit wird in dem 220 Hektar großen Stadtwald an den Rändern der Stadt zur Bebauung und an Fahr-und Wanderwegen lediglich Verkehrssicherung betrieben und trockene und geschädigte Bäume entnommen. Da der Wald sehr wichtig für den Tourismus, müssen nach Meinung der WgiR zeitnah gehandelt und jegliche Fördermöglichkeiten zur Aufforstung abgestorbener Flächen genutzt werden. Die Verkehrssicherung und Aufforstung werden den Stadthaushalt künftig belasten, während Einnahmen durch Holzverkäufe fast völlig entfallen.
Selbst das Thema „Straßen“ umsorgt die Bürger der Stadt. Es kann nicht sein, dass zum Beispiel die nur mäßig ausgebesserte Barbiser Straße, die in den Besitz der Stadt übergegangen ist, weiterhin durch eine Vielzahl auswärtiger Lkw unnötig befahren – ja kaputtgefahren wird, so äußerten sich gleich mehrere verärgerte und empörte Anlieger. Zu gegebener Zeit, so Volker Hahn, werde man erneut einen Antrag stellen, um die Situation für alle sinnvoll zu verbessern. Mit großer Sorge beobachte man aber den immer größer werdenden Investitionsstau bei der Unterhaltung der zahlreichen Gemeindestraßen und der Brücken in Bad Lauterberg. Schon seit geraumer Zeit unterstützt die WgiR deshalb die ständig zunehmende Anzahl von Initiativen und Interessengemeinschaften zur „Abschaffung der Straßenausbaubeiträge“ in Niedersachsen. Bei deren nächsten landesweiten Treffen am 26. Oktober 2019 in Hann. Münden, wird die WgiR auch wieder vertreten sein. Straßenausbau und deren Finanzierung ist ein wichtiges Thema, welches uns beschäftigen muss, erklärte Volker Hahn zum Abschluss der Themenpalette.
Für den hervorragenden Besuch der Veranstaltung mit über 70 interessierten Besuchern dankt der WgiR-Vorstand und die Fraktion allen Anwesenden aus Bad Lauterberg und seinen Ortsteilen sowie auch aus Bad Sachsa für ihr Kommen und die rege Beteiligung. Dank gilt auch dem “Organisator” Achim Sommerfeld, der für einen reibungslosen Ablauf verantwortlich zeichnete.