10. Dezember 2024

Keine Fusionsvorteile erkennbar

Bartolfelde. Trotz Regen und Sturm konnte die „Wählergruppe im Rat (WgiR)“ am vergangenen Donnerstag rund 40 Einwohner aus Bad Lauterberg und den Ortsteilen sowie Gäste aus Sachsa und Steina auf ihrem jüngsten Informationsabend im Schützenhaus Bartolfelde willkommen heißen.

Belange der Ortsteile hinten angestellt
Im Mittelpunkt der Veranstaltung, die überwiegend von Harald Liebau moderiert wurde, stand natürlich erneut die mögliche Fusion mit den Nachbarorten Bad Sachsa und Walkenried. Bereits 1972 fusionierten die bis dahin eigenständigen Gemeinden BarbisBartolfelde und Osterhagen mit Bad Lauterberg. War man in den Anfangsjahren mit der Fusion recht zufrieden, so Liebau, so sieht es heute völlig anders aus. Während heute fast alle öffentlichen Einrichtungen verschwunden sind, werden gerade die Belange der Ortsteile immer wieder hinten angestellt. Als Beispiel nannte er den Ausbau des Friedhof-Parkplatzes in Barbis, der über einen langen Zeitraum immer von Jahr zu Jahr verschoben wurde. In Bartolfelde nahm wegen völliger Untätigkeit der Stadt inzwischen der Dorfverein die Initiative selbst in die Hand und erneuerte das Umfeld der Kirche und versucht eine Verbesserung am Löschteich zu erreichen. Erst auf der letzten Bauausschusssitzung, so Achim Sommerfeld, mussten die Einwohner von Osterhagen vom Bürgermeister erfahren, dass das für die Erneuerung des Kirchplatzes vorgesehene Geld nun erst einmal zur Sanierung der Ruine Scharzfeld verwendet werden soll. Angeblich wurden hier plötzlich erhebliche Schäden festgestellt, die umgehendes Handeln erfordern. Wie man jedoch inzwischen erfuhr, sind die Schäden schon länger bekannt. Offensichtlich ignorierte die Verwaltung dies bisher. Da immer wieder die Belange der kleinen Ortsteile hinten angestellt werden, hat die WgiR auch lange Zeit für die Einführung von Ortsräten gekämpft und dies für die nächste Kommunalwahl auch durchgesetzt. Allerdings, so Liebau, könnte mit einer Fusion die Einführung von Ortsräten wieder „geschasst“ werden, weil die Verwaltung die damit angeblich verbundene Mehrarbeit scheut.

Es darf keine fusionsbedingten Erhöhungen der Steuersätze geben 
Schon vor Beginn der ersten Fusionsgespräche, so Liebau weiter, hat die WgiR gefordert: „Es darf keine fusionsbedingten Erhöhungen der Steuersätze geben“. Doch der Bürgermeister ist mit Unterstützung der Ratsmehrheit von SPD, CDU und BI vorgeprescht und hat die Grundsteuer für das Jahr 2020 auf 430 v.H. und für 2021 auf 450 v.H., ebenso die Gewerbesteuer auf 410 v.H. für 2020 und auf 430 v.H. für 2021 erhöht. Damit, so Fritz Vokuhl, hat der Bürgermeister in nur sechs Jahren die Grundsteuer um fast 110 Punkte erhöht und ist dem Steuersatz von Bad Sachsa bis auf nur noch 50 Pkt. Unterschied entgegengeeilt. Und zu dem Angleichen des hohen Sachsaer Niveaus von 500 Pkt. v.H. bei der Grundsteuer, wurde zudem die Hundesteuer ab 2020 auch noch um etwa 40 Prozent angehoben, um auch an dieser Stelle exakt auf die Höhe von Bad Sachsa zu kommen. Warum man schon jetzt den „Bürgern in die Tasche greift“, so Vokuhl weiter, ist völlig unverständlich, denn nach einer tatsächlich durchgeführten Fusion hätte man nach gesetzlicher Vorgabe noch fünf Jahre Zeit, um unterschiedliche Hebesätze anzugleichen. Ganz offensichtlich möchte man in der Beschlussdebatte keine Unterschiede mehr haben, um wieder sagen zu können, es ist doch nur ein „kleines Bisschen“.
Auch wenn es nach einer Fusion höhere Schlüsselzuweisungen vom Land gibt, so dürfe nicht vergessen werden, so Harald Liebau, dass davon auch der Landkreis profitiert und 45 % gleich wieder einkassiert. Dies auch, wenn im Zuge der „Einwohnerveredlung“, die fusionierte neue Gemeinde etwa die gleiche Summe für fünf Jahre als Unterstützung quasi wieder zurückbekommt. Auf die Frage eines Zuhörers nach den Schulden der einzelnen Fusionsorte, erläuterte Fritz Vokuhl, dass dies öffentlich aus den Vorberichten der Haushaltspläne ersichtlich ist. Danach hat Bad Lauterberg rund 10 Mil. Euro, Bad Sachsa rund 26 Mil. (incl. 5 Mill. der städt. Gesellschaften) und Walkenried etwa 6,5 Mil. Euro an Verbindlichkeiten. Mithin, so Fritz Vokuhl weiter, werde sich die Prokopf-Verschuldung der Bad Lauterberger Einwohner von derzeit 800 bis 900 € auf das Doppelte nach einer Fusion erhöhen.
Durch eine Fusion der drei Orte sind auch keinerlei Personalkosteneinsparungen zu erwarten. Im Gegenteil, Personal wird nicht eingespart und das Vorhandene wird teilweise in höhere Besoldungsgruppen eingestuft. Als Beispiel nannte Harald Liebau die Bürgermeister der drei Orte, die derzeit nach B2(Bad Lauterberg) und je B1(Bad Sachsa und Walkenried) besoldet werden und monatlich zusammen rund 21.400 € kosten. Nach einer Fusion bekäme der Bürgermeister B4, seine hauptamtlichen Vertreter B2 und A 16, mithin im Monat etwa 23.200 €.

Bad Lauterberg hat offensichtlich keine Visionen 
Erstaunt zeigten sich bei der Informationsveranstaltung die Gäste aus Bad Sachsa und Steina, dass Bad Lauterberg und Walkenried offensichtlich „keine Visionen“ hat, denn während der Rat in Bad Sachsa rund 30 Eckpunkte für die Verhandlungen festlegte, haben Bad Lauterberg und Walkenried nur je klägliche 10 formuliert. Wesentlich mehr Vorschläge der WgiR, so Achim Sommerfeld, wurden von der Ratsmehrheit abgetan und abgelehnt.
Beim besten Willen, so die anwesenden WgiR-Ratsmitglieder Harald Liebau, Frank Bode, Achim Sommerfeld, Fritz Vokuhl und Volker Hahn, sehe die WgiR derzeit keinerlei Vorteile für die Bevölkerung. Vielmehr sei man sich einig, dass derzeit eine Fusion völlig übereilt ist. Die Orte Bad Lauterberg, Bad Sachsa und Walkenried müssen durch interkommunale Zusammenarbeit langsam zusammenwachsen. Aus diesem Grund stehe die WgiR auch voll hinter dem laufenden 
Bürgerbegehren und unterstütze dies aktiv, damit die Bürger in Bad Lauterberg bei einem Bürgerentscheid selbst
über die Zukunft und die mögliche Fusion entscheiden können.

Bad Sachsa keine Standgebühren – Bad Lauterberg hohe Standgebühren und Bußgeld 
Nur ein Kopfschütteln gab es für die Bad Lauterberger Verwaltung, als auf Versammlung bekannt wurde, dass die engagierten Bürger für ihr garantiertes Recht Unterschriften für das Bürgerbegehren in der Hauptstraße zu sammeln, mit einer Standgebühr von 180 € belegt wurden. Auch mussten die Unterschriftensammler für den Einwohnerantrag zum Rathausverkauf sogar wegen verspäteter Standanmeldung ein Bußgeld zahlen. Während in Bad Sachsa kein Standgeld für das Sammeln der Unterschriften für das Bürgerbegehren erhoben wurde, zeigt die Bad Lauterberger Verwaltung einmal wieder deutlich, wie man mit Bürgern umgeht, die sich für Beteiligung und Mitwirkung einsetzen.

Weitere Themen der Veranstaltung, die am 5.12. in Barbis im Gasthaus Olympia und am 13.12. in Bad Lauterberg im Restaurant Goldene Aue (jeweils 19 Uhr) eine Fortsetzung findet, waren die massiven Waldschäden, die unvollendeten Bad Lauterberger Bauvorhaben sowie die Versäumnisse der Verwaltung bei der Information Bürger bei besonderen Vorhaben.