25. April 2024
2016-2019Bad Lauterberg

Haus des Gastes: Kostenschätzung 1,5 Millionen Euro

BAD LAUTERBERG  Architekt sagt, Ausgaben bei Lauterberger Bauprojekt liegen bisher bei etwa 644000 Euro. Stadtverwaltung widerspricht Äußerungen zur Hausbergschule.

Die Umbauarbeiten am Haus des Gastes werden laut Architekt Thomas Petermann erheblich teurer als vom Bürgermeister öffentlich gesagt und im Haushalt bereitgestellt. Wie er unserer Zeitung am Donnerstag berichtete, betragen die bisherigen Baukosten, soweit er Kenntnis darüber hat, derzeit etwa 644 000 Euro, die für Fremdfirmen bereits abgerechnet wurden. Diese Summe wurde bis zum 25. Juli 2016 ausgegeben, sie gehe aus dem Baubuch hervor, das der Architekt führt. Es handele sich um extern vergebene Aufträge, nicht um Eigenleistungen des städtischen Bauhofs.

Die von ihm im Auftrag der Stadt erstellte Kostenschätzung für die Baumaßnahme betrage 1,5 Millionen Euro und ist datiert auf Februar 2015. Er hat der Redaktion die Kostenschätzung gezeigt. Er hatte sie per E-Mail an die Stadtverwaltung gesandt. Diese E-Mail liegt der Redaktion vor. Der Stadtrat hatte im Dezember 2015 für die Investition eine Summe von 385 000 Euro bewilligt.

Gans verweist auf Eigenleistungen

„Die Leute müssen das erfahren und es gibt nicht viele Personen, die Bescheid wissen.“Thomas Petermann, Architekt, über seine Beweggründe

Dr. Gans konnte auf unsere Nachfrage gestern keine Summe für die bisher aufgelaufenen Baukosten nennen. Er erklärte jedoch, die ursprünglichen Kostenschätzungen seien erheblich reduziert worden, da viele Arbeiten durch den Bauhof der Stadt in Eigenleistung erbracht würden. Der Bürgermeister hatte in der öffentlichen Sitzung am 29. September 2016 dem Rat berichtet, dass „beim Umbau des Hauses des Gastes keine weiteren Kostenüberschreitungen zu erwarten sind“. Dieser Satz wurde auf Antrag von CDU-Ratsherr Erik Cziesla nachträglich ins Protokoll der Sitzung aufgenommen, weil er zuvor nicht enthalten war.

Nachdem Dr. Gans im Pressegespräch mit dem HarzKurier massive Vorwürfe gegen den Architekten erhoben und ihn beschuldigt hatte, die Stadt nicht über die Kostensteigerung beim Bauprojekt Hausbergschule informiert zu haben, sah dieser sich genötigt, sich gegen die öffentliche Rufschädigung durch den Bürgermeister zu wehren und unsere Zeitung über die Vorgänge zu informieren. Auf unseren Bericht hat die Stadtverwaltung ihrerseits mit einer Stellungnahme reagiert: Man „widerspricht ausdrücklich der Behauptung des Architekten Thomas Petermann“, schon im November 2015 über die höheren Kosten informiert worden zu sein.

Im Pressegespräch mit dem HarzKurier hatte Bürgermeister Dr. Gans den von der Stadt beauftragten Architekten Thomas Petermann beschuldigt, seinen Beratungs- und Informationspflichten nicht nachgekommen zu sein und ihm implizit die Verantwortung für die massive Kostensteigerung gegeben hatte, sah dieser sich nach eigener Aussage genötigt, sich gegen die öffentliche Rufschädigung durch den Bürgermeister zu wehren und unsere Zeitung seinerseits über die Vorgänge zu informieren.

Petermann versicherte glaubhaft, dass die Stadtverwaltung bereits Ende November 2015 Kenntnis davon gehabt habe, dass er die Kosten für den Neubau der Sporthalle auf rund 2,9 Millionen Euro kalkulierte. Er belegte dies mit einer detaillierten Kostenschätzung nach DIN 276, in der auch die einzelnen auszuführenden Gewerke aufgeführt sind. Dieses Dokument liegt der Redaktion vor. Der Architekt erläuterte, nur anhand dieser Aufstellung könne die Stadtverwaltung überprüfen, ob die Ausschreibungen der einzelnen Aufträge korrekt sind.

Petermann sagte unserer Zeitung, er habe das Dokument dem Bürgermeister persönlich übergeben. Der Bürgermeister hat das unserer Zeitung gegenüber bestritten.

„Niemand in der Stadtverwaltung habe davon etwas gewusst“

Auf unseren Bericht hat die Stadtverwaltung ihrerseits mit einer Stellungnahme reagiert: Man „widerspricht ausdrücklich der Behauptung des Architekten Thomas Petermann“, schon im November 2015 über die höheren Kosten informiert worden zu sein. Das sei „weder in Gesprächen geschehen, noch liegt ein entsprechendes Schreiben vor.“ Niemand in der Stadtverwaltung habe davon etwas gewusst, wird Bürgermeister Dr. Thomas Gans zitiert.

Weiter heißt es: „Die angeblich vorgelegte zweite Kostenschätzung wertet Bürgermeister Gans denn auch als Schutzbehauptung des Architekten. Es sei auffällig, dass Petermann zuvor nie widersprochen habe, wenn in Rat und Öffentlichkeit die ursprünglichen 2,231 Millionen zitiert wurden.“ Darauf angesprochen, sagte Petermann unserer Zeitung, er habe sich bis zu Gans öffentlichen Anschuldigungen stets an die Verschwiegenheitspflicht gegenüber seinem Auftraggeber gehalten. Er sei eigentlich nicht berechtigt, dem Rat oder der Öffentlichkeit Auskunft über die Baukosten zu geben. Er selbst dürfe in den Ratssitzungen auch gar nicht sprechen, es sei denn, er würde dazu aufgefordert.

Die Stadtverwaltung erklärt in ihrer Stellungnahme: „Tatsächlich ist die einzige der Stadt bekannte Kostenschätzung vom 15. Juni 2015 Bestandteil des Architektenvertrages für den Neubau. Sie beläuft sich auf 1,71 Millionen.“ Die Stadt hatte dem HarzKurier auch Auszüge aus Petermanns Vertrag zugesandt und angeboten, dass die Presse das vollständige Dokument – samt Honorarvereinbarung mit dem Architekten – im Rathaus einsehen könne. Es sei aber nicht für eine Veröffentlichung bestimmt. Von dem Angebot hat der HarzKurier Gebrauch gemacht. Im Vertrag, der auf den 2. Oktober 2015 datiert ist, ist tatsächlich nur die Kostenschätzung vom 15. Juni enthalten. Diese enthält lediglich vier große Teilsummen. Eine detaillierte Auflistung der einzelnen Gewerke ist nicht enthalten.

Auf die Einsichtnahme in seinen Vertrag von uns angesprochen sagte Petermann am Donnerstag: „Dass der Bürgermeister Ihnen das gezeigt hat, ist rechtswidrig.“ Gans habe selbst im Rat erklärt, Namen von Firmen und einzelne Auftragssummen dürften nicht genannt werden. „Ich habe in 25 Berufsjahren nicht erlebt, dass es sich einer erlaubt, meinen Ruf so in den Schmutz zu ziehen.“ Die öffentlichen Aussagen des Bürgermeisters seien ruf- und geschäftsschädigend für ihn.

Architekt zeigt Dokumente

Dieses Vorgehen der Stadtverwaltung veranlasste ihn, der Redaktion weitere Dokumente zu zeigen, auch zum Umbau des Haus des Gastes. „Ich habe das noch nie mit einem Bauherrn gemacht. Wenn es jetzt heißt, Petermann plaudert, schadet mir das auch.“ Doch müsse er sich gegen die Vorwürfe des Bürgermeisters öffentlich verteidigen und ist auch überzeugt, die Bürger der Stadt hätten ein Recht auf diese Informationen. „Die Leute müssen das erfahren und es gibt nicht viele Personen, die Bescheid wissen.“ Wenn das Vertrauen in seine Arbeit durch die Aussagen des Bürgermeisters erschüttert werde, schade ihm das ebenso. Zu der angeblichen Unkenntnis von Gans bezüglich der Baukosten sagte der Architekt: „Die Stadt hat ein Jahressaldo von ungefähr zehn Millionen Euro, die drei Bauprojekte, mit denen ich beauftragt wurde, liegen bei ungefähr fünf Millionen Euro. Da sollte man doch meinen, dass das oberste Priorität hat und Chefsache ist.“

Am Freitag wiederholte Gans telefonisch die Aussage, dass der Stadt keine weitere Schätzung vorliegt. Auf unsere Frage, ob die Stadt für so ein großes Bauprojekt denn nicht eine wesentlich detailliertere Kostenschätzung des Architekten benötige, sagte er: „Wir hätten sie gern gehabt, aber er hat sie uns nicht gegeben.“ Diese detaillierte Auflistung sei laut Gans auch mehrfach vom Rechnungsprüfungsamt angemahnt worden.

Auf unsere Nachfrage, ob die Stadtverwaltung als Auftraggeber vom Architekten ausdrücklich eine detaillierte Kostenschätzung verlangt habe und dieser dennoch keine abgegeben habe, antwortete der Bürgermeister: „Das wurde immer wieder angemahnt. Wir haben immer wieder nachgebohrt.“ Auf die Frage, ob es bei solchen großen Bauprojekten nicht üblich sei, dass die Verwaltung vom Architekten eine ausführliche Kostenschätzung mit Zahlen für die einzelnen Gewerke erhält, sagte Gans: „Das kann ich nicht sagen, ich habe so ein Ding noch nie gemacht, ich weiß es nicht. Die Stadt baut seit 20 Jahren das erste Mal. Wir sind ja nur der Bauherr, das ist, wie wenn Sie ein Eigenheim bauen: Sie verlassen sich auf den Architekten.“

Auf unsere Frage, ob der Stadtverwaltung zu den beiden anderen Bauprojekten – Lutterbergschule und Haus des Gastes – ausführliche Schätzungen des Architekten vorliegen, erkundigte sich Gans bei Bauamtsleiterin Anette Gödecke. Sie bestätigte, dass für die Lutterbergschule ein solches Dokument vorliege. Für das Haus des Gastes habe es ebenfalls eine detaillierte Kostenschätzung gegeben, die aber laut Gans „von vornherein nicht genommen wurde, weil fast alles in Eigenleistung“ durch den städtischen Bauhof gemacht wurde.

Petermanns Angabe von 644 000 Euro bezieht sich jedoch auf die Arbeit von Fremdfirmen.

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