15. Oktober 2025

Unter bestimmten Bedingungen können die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden!

Aus Sicht der „Wählergruppe im Rat“
Bad Lauterberg. Die öffentliche Informationsveranstaltung zum Thema “Straßenausbaubeiträge”, die vor einigen Tagen (23.07.2025) in Bad Lauterberg stattgefunden hat, erlebte eine außergewöhnlich große Resonanz. Die Plätze im großen Veranstaltungssaal des Rathauses waren schnell besetzt, sodass noch zusätzliche Sitzmöglichkeiten aufgestellt werden mussten. Die Informationsveranstaltung war von der „Wählergruppe im Rat“ beantragt und vom Rat beschlossen worden, um Klarheit über die unterschiedlichen Behauptungen über die Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen und deren angeblich „unmögliche Abschaffung“ zu erhalten.

Weit mehr als 100 interessierte Besucher aus der Stadt und dem gesamten Landkreis sowie Ratsmitglieder aus fast allen im Rat vertretenen Parteien waren gekommen. Als kompetente Referenten konnten Jan Vermöhlen vom Bund der Steuerzahler Niedersachsen/Bremen und vom Landkreis Göttingen die Kreisrätin Marlies Dornieden begrüßt werden.
Seit 2015 wird, so Jan Vermöhlen, im gesamten Land Niedersachsen, von Jahr zu Jahr zunehmend gegen Straßenausbaubeiträge aufbegehrt. So haben inzwischen 56 % der Kommunen im Land die Beiträge abgeschafft. Nur wenige reiche Gemeinden können den Beitragsausfall durch das allgemeine Steueraufkommen ausgleichen. Andere haben die Grundsteuer entsprechend erhöht.
Aufgrund der ständigen Proteste zahlreicher Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften gegen die „Strabs“ hat der Landesgesetzgeber im Jahr 2017 und 2019 Erleichterungen beschlossen, die oft nutzlos verpuffen, da die Kommunen es bisher versäumt haben ihre Satzungen anzupassen. Der WgiR- Fraktionsvorsitzende der Volker Hahn merkte dazu an, dass die gültige Satzung von Bad Lauterberg aus dem Jahr 2007 ist. Der zunehmende Protest der Bürger, die zur „Strabs“ herangezogen werden sollen, so das Vorstandsmitglied vom Bund der Steuerzahler, resultiert im Wesentlichen aus der Preisentwicklung im Straßenbau. So sind seit 2015 die Einkünfte um 20 %, aber die Straßenbaukosten exorbitant um 71 % gestiegen. Dies ist auch ein Grund dafür, dass die Kosten der „Strabs“ kaum noch einem normal verdienenden Hausbesitzer zuzumuten sind.
Im Jahr 2022, so Kreisrätin Marlies Dornieden, hat der Landtag in Niedersachsen die Einnahmebeschaffung durch Strabs gestrichen und den Kommunen das Recht zur Aufnahme von Krediten zur Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen zugestanden. Allerdings nur bei einer realistischen Finanzierungsplanung. Der aktuell genehmigte Haushalt 2025/26 von Bad Lauterberg enthält aber bereits hohe Kreditaufnahmen. Zwar hätte es beim Haushaltsabschluss 2022 noch einen Überschuss gegeben, doch das bedeutet nicht automatisch mehr Geld. Die mittelfristige Finanzplanung lässt bis zum Jahr 2029 u.a. durch notwendige Hochbaumaßnahmen ein Defizit von ca. 16 Mio. Euro erwarten. Derzeit hat die Stadt Bad Lauterberg den Grundsteuerhebesatz von 450 auf 320 v.H. gesenkt, um der geforderten Neutralität bei den Einnahmen durch die neue Grundsteuerreform nachzukommen. Da die Verschuldung, so die Kreisrätin, um ca. 20 % steigen wird, könnte ein weiterer Haushalt nur genehmigt werden, wenn für den Wegfall der „Strabs“ die Grundsteuer erhöht wird.

Mit dem Laatzener-Gerichtsurteil, so ergänzte Jan Vermöhlen, wird im Land zwar die “kommunale Selbstverwaltung“ gestärkt, so dass die Kommunen selbst entscheiden, ob sie die „Strabs“ abschaffen. Auch wird die Aufnahme von Krediten für den Straßenausbau ermöglicht. Allerdings muss auf eine ausgeglichene Haushaltsführung geachtet werden. Als mögliches Rechenmodell wurde ausgeführt, dass in Bad Lauterberg eine Erhöhung der Grundsteuer von derzeit 320 auf 420 v.H. eine Summe von ca. 600.000 Euro pro Jahr bringen würde.

Wie Bürgermeister Rolf Lange als Moderator der Veranstaltung ausführte, wurde 2011 beim Ausbau der Oderstraße zuletzt „Strabs“ erhoben. Aktuell seien nur die veröffentlichten Straßenreparaturen geplant, für die die Anlieger natürlich nichts bezahlen müssten.  Allerdings sorgte diese Aussage nicht nur bei der WgiR für Verwunderung. Im Vorbericht steht doch: Im Haushaltsplan 2025/2026 ist der Ausbau der Straße „Am Scholben“ mit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen geplant. Dies war u.a. ein Grund dafür, warum die WgiR-Fraktion dem Haushaltsplan 2025/26 nicht zustimmte. Kopfschütteln löste auch die Erklärung des Bürgermeisters aus, dass bei einer beispielhaften Berechnung von „Strabs“ für eine Straße in Bad Lauterberg, die Anlieger nur mit 20 % hätten beteiligt werden müssten. Dass dies der Satzung zur Erhebung von „Strabs“ in Bad Lauterberg und damit der noch gültigen Vorschrift von 75 % widersprechen würde, merkte der WgiR-Fraktionsvorsitzende der Volker Hahn an, mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit zum Handeln beim Thema „Strabs“.
Darauf ergänzte der WgiR-Ratsherr Bernd Jackisch, dass bei Abschaffung der „Strabs“ bis zu 27 % der anfallenden Verwaltungskosten eingespart werden könnten. Während Jan Vermöhlen diese Kostennote grundsätzlich bestätigte, meinte Frau Dornieden, dass sie es früher in Gieboldehausen günstiger hinbekommen hätte.